Männerchor Dudenhofen zelebriert 100 Jahre Musical
Erstellt: 10.10.2022, 03:56 Uhr
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Der Männerchor Dudenhofen mit seinem überragenden Solisten Christian Dietz, Tenor, vom WDR-Rundfunkchor beim eindringlichen Darbieten von „Bui Doi“ aus „Miss Saigon“. © Mecora
Man könnte den zweiten Teil des ersten der beiden Konzerte des Männerchors Dudenhofen am Wochenende anlässlich des 180. Geburtstages des ältesten Rodgauer Vereins im gut gefüllten Bürgerhaus auch als „lange Zugabe“ bezeichnen.
Rodgau - Allein der prall gefüllte und mit interpretatorischen Höhepunkten gespickte erste Teil war schon das Eintrittsgeld wert. Er beinhaltete alles an Emotionen, Darstellungsqualität und Magie, was man von einem Gesangverein vom Schlage der Dudenhöfer bei einem Konzertmotto „100 Jahre Musical“ erwarten durfte. „Großes Kino“, so ein Zuhörer, der selbst Chorsänger ist, beim Verlassen des Bürgerhauses am Ende des über dreistündigen Samstagabends
Dabei steckt auch dem Dudenhöfer Verein die bisherige dornige Corona-Zeit in den Knochen. Außerdem fehlte krankheitsbedingt fürs Wochenende fast ein Dutzend Choristen. Und die stimmlich indisponierte Solistin Carmen Lang aus den eigenen Vereinsreihen musste kurzfristig noch ersetzt werden. Für sie kam von der Freien Musikschule Rodgau Sabine Bussalb. Und die Sängerin sorgte in der zweiten Konzerthälfte bei ihrem letzten Auftritt, bei „Popular“ aus „Wicked – Die Hexen von Oz“, für Schrecksekunden. Sie „rappte“ plötzlich den englisch getexteten Song mit ihren eigenen, anderen Worten auf Deutsch weiter, um damit an den künstlerischen Gesamtleiter Hans Kaspar Scharf am Klavier vor ihr die Botschaft zu übermitteln: „Hab’ den Text vergessen.“
Die Sopranistin managte Abbruch und Neustart dann so entspannt, professionell und charmant, dass dieser GAU für einen Musiker für sie noch zu einer Art Triumph wurde. Das Publikum applaudierte heftig. Das tat es, begleitet von Jubelschreien, bereits an Programmpunkt vier. Im ersten Teil, bei „Can you feel the Love tonight“ aus „König der Löwen“, anrührend interpretiert vom gemischten Chor des Vereins, „Cantiamo“, und den Otzberger Gästen „Village Voices“, auch ein Scharf-Chor. Der Solist dabei: das Eigengewächs des Männerchors, Rudolf Vogl. Der Tenor gestaltete seinen Auftritt wie auch seine noch folgenden sehr eindringlich und ausdrucksstark und machte ihn zum ersten Glanzpunkt des üppigen Programms.
Die weiteren der überragenden ersten Halbzeit waren: aus „My fair Lady“, „Bringt mich pünktlich zum Altar, mit allen Choristen und dem mit großem stimmlichem Volumen und tiefem Keller-Bass begeisternden Männerchor-Solisten und Mit-Programmgestalter Horst Schermutzki. Und: aus „Les Misérables“, „I dreamed a dream“, innig umgesetzt von der „Village Voices“/“Cantiamo“-Phalanx. An dieses fulminante Niveau der Darbietungen vor der Pause knüpfte der Männerchor beim eigentlichen Finale der zweiten Halbzeit zunächst zaghaft, dann völlig befreit an. Mit „Bui Doi“ aus „Miss Saigon“ – gekrönt vom bravourösen Tenor-Solisten Christian Dietz vom WDR-Rundfunkchor, der dafür sorgte, dass es auch und ganz besonders für diesen Beitrag donnernden Beifall gab.
Sopranistin Sabine Bussalb beim ebenso entspannten wie charmanten Song-Reparieren aufgrund ihres Text-Aussetzers bei „Popular“ aus „Wicked - Die Hexen von Oz“. © Mecora
Das sich anschließende „Show Business“ aus „Annie get your gun“ war dann lediglich noch heiterer Rausschmeißer. Dabei klatschte das Auditorium rhythmisch mit und erhob sich Reihe für Reihe zur stehenden Ovation als Dank für den ganzen Abend. Darauf folgte keine Zugabe. Zumindest keine musikalische. Indes eine verbale von Winfried Seib vom Vorstand, der in Vertretung vom erkrankten Vorsitzenden Carsten Rückert aus dem Abspann, dem Dankes-Part, einen eigenen, launigen, unterhaltenden Programmpunkt machte. Er holte noch mal alle Zugpferde des großartigen Programms vor auf die Frontline ins Rampenlicht.
Das waren neben den genannten die weiteren Solisten Harald Deichmann, Theresa Bakhtiari, Renate Brück und Sebastian Schönhals. Außerdem Oliver Ruschke, Dozent an der Musikschule Mühlheim. Er brachte viele im Publikum mit seinem „Vorprogramm“ zu Beginn des Konzerts, einem vierteiligen George-Gershwin-Medley solo am Klavier, mehrfach zum boogie-woogie-mäßigen Mitwippen. Seib dankte überdies Vereinsmitglied Pirkko Cremer, die nicht nur chorisch und solistisch sang, sondern auch überzeugend schauspielerte, berlinerte und dabei musical-typisch tüchtig auftrug. Durchs Dudenhöfer Musical-Wochenende führte Winfried „Winno“ Sahm. Der Rodgauer Kulturdezernent weiß einfach, wovon er spricht und schöpft dabei aus seinem umfangreichen Kulturwissen.
Als wäre er nicht mehr als eine Randerscheinung des Projekts und Geschehens auf der Bühne begleitete davor Maestro Scharf am Klavier völlig unscheinbar, aber wirksam, gekonnt und wohldosiert. Lediglich mit gelegentlichen Kopfbewegungen hielt er „die ganze Chose“ am Laufen. Cool. (Manfred Meyer